11.09.2025
Friedensruf: »Mutig, stark, beherzt«
Ein Rückblick zur ökumenischen Friedenssynode in Hannover vom 1. bis 3. Mai 2025.
»Mutig, stark, beherzt«
Das war die Losung des diesjährigen Deutschen Evangelischen Kirchentages. Sie ist dem ersten Korintherbrief entnommen (Kapitel 16, Verse 13+14): »Wachet, steht im Glauben, seid mutig und seid stark! Alle eure Dinge lasst in der Liebe geschehen!« Dieses Wort erinnert daran, dass der Glaube an Gott nicht alles von alleine geschehen lässt. Die Bereitschaft zum eigenen Mitwirken gehört notwendigerweise zum Glauben dazu.
Mutig, beherzt und fundiert wollen wir immer wieder unsere Stimme erheben inmitten von Debatten zu Friedens- und Sicherheitspolitik. Doch wie soll das eigentlich gehen angesichts dessen, dass wir mit Feindbildern, Wut und Aggression konfrontiert sind?
Wie kann es gelingen, Frieden zu stiften und nicht vor der Gewalt zu resignieren, und was sagt eigentlich die Bibel dazu?
Unter der Schirmherrschaft der früheren EKD-Ratsvorsitzenden Margot Käßmann und vielen Mitwirkenden, u.a. dem EKD-Friedensbeauftragten und Landesbischof Friedrich Kramer, organisierte das Ökumenische Friedenszentrum Hannover eine Friedenssynode am Rande des Kirchentages. Mit dem Ziel, die Friedensbotschaft Jesu laut hörbar in die Gesellschaft zu tragen, eine Gesellschaft, die Menschen auf Frieden hin ausbildet und nicht auf Krieg. Christlichen Glauben sichtbar zu machen im friedlichen Miteinander und in der Koexistenz von Völkern. Eine friedliche Weltgesellschaft muss das Ziel und auch der Weg sein.
Seit vielen Jahren sind mein Mann und ich aktiv in der Friedensbewegung, u.a. auch bei den Ostermärschen dabei. Aber was bewirkt man überhaupt noch mit Protest auf der Straße? Und im Vergleich zu früheren Jahren, als Ostern überall in Deutschland zehntausende Menschen auf die Straße gingen mit dem Ruf nach Frieden, sind es in diesem Jahr nur noch einige Hunderte Menschen gewesen.
Wir fuhren nach Hannover und nahmen teil an der Friedenssynode, wählten (mit unserer ostdeutschen Geschichte) die Arbeitsgruppe
„Schwerter zu Pflugscharen“ - Biblische Bilder des Friedens und ihre Bedeutung für die Gegenwart
Gemeinsam konnten wir in unserer Bibelarbeit starke Bilder des Friedens herausarbeiten, die zu einem neuen Denken und Handeln rufen. Oft werden die biblischen Visionen eines kommenden Friedens als schöne Utopien ohne Bedeutung für gegenwärtiges Handeln verstanden. Das Gegenteil ist der Fall: Sie sind in eine Zeit der Militarisierung und der sozialen Ungerechtigkeit hineingesprochen. Und sie stellen dem Glauben an Waffen und Bündnisse die Vision einer anderen Wirklichkeit ohne Krieg und Gewalt gegenüber. Wozu? Damit wir schon jetzt „im Licht des Kommenden leben“ (Jesaja 2,5).
Am Ende der Friedenssynode wurde über jeden der 7 Punkte einzeln abgestimmt, um dann mit überwältigender Mehrheit den Friedensruf insgesamt zu beschließen.
Und nun? Was passiert jetzt? Nun muss unser Ruf nach Frieden als Impuls raus in die Welt, also zumindest erst einmal in die eigene Gemeinde.
Der Friedensruf formuliert 80 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges, warum wir Jesus und die Propheten mit einer „Kriegsertüchtigung“ nicht in Einklang bringen können. Jesus schlägt uns mit seiner Zeitenwende eindeutig einen Weg vor, der auf die Vernunft des Gewaltverzichts setzt. Die pazifistische Option (beati pacifici = selig, die Frieden stiften!) gemeinsam intensiv zu beraten war für uns sehr ermutigend.
Herzlich grüßen aus Schköna
Simone und Gerd Scholz
Friedensfähig werden!
Friedensruf von Christinnen und Christen
Friedenssynode Hannover, 1. Mai 2025
Am 8. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg. „Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus!“
lautet die Lehre daraus. Jetzt ist erneut von „Kriegstüchtigkeit“ die Rede.
Jesus Christus aber sagt: „Selig sind, die Frieden stiften“. Die aktuellen Kriege sind für
uns eine Mahnung zur Umkehr. Gottes Wort ruft uns, friedensfähig zu werden.
1. Du sollst nicht töten! (2. Mose 20,13)
Das Tötungsverbot gilt auch angesichts von Krieg und Gewalt. In jedem getöteten Menschen
stirbt ein Ebenbild Gottes. Wir können keine Waffen auf andere Menschen richten, weil
wir „damit die Waffen auf Christus selbst richteten“ (Dietrich Bonhoeffer).
2. Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen! (Matthäus 5,44)
Es wird gesagt, Aggressoren müssten auf dem Schlachtfeld besiegt oder militärisch zu
Verhandlungen gezwungen werden.
Jesus Christus mutet uns jedoch zu, unsere Feinde zu lieben. Das bedeutet nicht,
Unrecht und Aggression hinzunehmen. Doch es verlangt, sich von vereinfachendem
Gut-Böse-Denken zu lösen und die eigene Mitverantwortung für die Entwicklung
von Konflikten zu erkennen.
3. Denn uns ist ein Kind geboren, ein … Friedefürst. (Jesaja 9,5)
Es wird gesagt, wir erlebten eine Zeitenwende, die eine Politik der militärischen Stärke
erfordere. Für uns hat sich die Zeitenwende in Jesus Christus ereignet. Wir setzen nicht auf
die Gewalt der Waffen, sondern auf Diplomatie und gewaltfreien Widerstand.
4. Ihr wisst, dass die Herrscher ihre Völker niederhalten und die Mächtigen ihnen Gewalt
antun. So soll es nicht sein unter euch. (Matthäus 20,25f)
Es wird gesagt, Menschen zum Kriegsdienst zu zwingen sei legitim, um Freiheit und
Menschenrechte zu verteidigen. Unsere Solidarität aber gilt allen, die den Kriegsdienst
verweigern oder sich ihm entziehen. Das Recht auf Kriegsdienstverweigerung
ist ein Menschenrecht.
Initiative Christlicher Friedensruf Hannover 2025
Kontakte: Paul Bosler (Paul.Bosler@elkw.de; Initiative Friedensaufruf Württemberg)
Susanne Büttner (Susanne.Buettner@elkw.de; Initiative Friedensaufruf Württemberg)
Odilo Metzler (Odilo@roesch-metzler.de; Bundesvorstand pax christi)
V.i.S.d.P. Paul Bosler, Lutherkirche, Jakobstraße 17, 72622 Nürtingen
5. Stecke dein Schwert an seinen Ort! Denn wer das Schwert nimmt, der wird durchs
Schwert umkommen. (Matthäus 26,52)
Es wird gesagt, Gewaltverzicht sei naiv, unrealistisch und unvernünftig. Jesus aber lehrt
uns die Vernunft eines Gewaltverzichts, der die Spirale der Eskalation durchbricht.
Krieg produziert ungezählte Tote, Verletzte, Vertriebene und Traumatisierte. Er bedroht
das Leben auf unserer Erde, bis hin zur atomaren Vernichtung. Darum treten wir ein
für die Rückkehr zur Abrüstung und den Verzicht auf Rüstungsexporte.
6. Und der Gerechtigkeit Frucht wird Friede sein, und der Ertrag der Gerechtigkeit wird
Ruhe und Sicherheit sein auf ewig. (Jesaja 32,17)
Es wird gesagt, die Wirtschaft müsse wachsen. Dies führt ökologisch und sozial in eine Sackgasse. Der Wettstreit um Ressourcen führt heute schon zu Kriegen. Die Folgen
sind verheerend, vor allem für den globalen Süden. Jesus Christus jedoch hat das Teilen
und die Rücksichtnahme gelehrt. Voraussetzung für den Frieden ist eine Wirtschaft,
die das Gemeinwohl sowie den Umwelt- und Klimaschutz in den Mittelpunkt stellt.
7. Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen machen und ihre Speere zu Sicheln … und
sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen. (Micha 4,3)
Es wird gesagt, wir müssten kriegstüchtig werden und Frieden durch Aufrüstung sichern.
Wir aber wollen friedensfähig werden. Geld, Zeit, Kreativität und andere Ressourcen müssen
in die soziale, kulturelle und ökologische Transformation investiert werden statt in Waffen
und Krieg. Wer Frieden will, muss Frieden üben. Wir beten und arbeiten für eine Kirche, die
den Frieden Jesu Christi bezeugt und ausbreitet. Wir treten ein für eine Welt ohne Gewalt.
Wir ermutigen uns gegenseitig zu einer Praxis des Friedens – im Vertrauen auf Gottes Frieden.