Christophoruskirche Gossa

Adressdaten


Daten & Fakten


  • Baustile: romanisch, frühgotisch
  • Besonderheiten: drei großflächige Putzritzzeichnungen um 1280-1350 Kreuzigung, Heiliger Christophorus, Seelenwägung
  • Öffnungszeiten Sommer:
    auf Anfrage

Profil


Gottesdienst - Bei uns findet regelmäßig Gottesdienst statt.

Beschreibung


Zurückhaltend schmiegt sich diese alte, romanische Kirche (1. Hälfte des 13. Jhd.) in das Dorf hinein. Wer in sie eintreten will, muss sich zunächst einmal gegen die schwere Eichentür stemmen, die vom Anbau, der aus den 1960er Jahren stammt, in das Kirchenschiff führt. Für manchen ist es schwer, einen Zugang zum Glauben zu finden – das wäre wohl eine neuzeitliche Deutung dieser Tür. Im Sinne der Erbauer ist wohl eher ein anderer Aspekt sinnstiftend, nämlich der, dass die Tür den heiligen Raum, die Kirche, den Ort des Glaubens, ja letztlich den Gläubigen selbst vor den Anfechtungen der Welt (= des Teufels) bewahrt. Und wenn die Tür dann nachgegeben hat, öffnet sich ein geheimnisvoller Raum, der von den großen Fragen des Glaubens erzählt. Drei erhaltene (und in den 1960er Jahren wiederentdeckte) Putz-Ritz-Zeichnungen aus der Mitte des 13. Jhd. zeigen die Kreuzigung (die Frage nach unserer Erlösung), den Christophorus (die Frage der Gottessuche) und die Seelenwaage (die Fragen nach dem Guten und Bösen im eigenen Leben, nach dem Gericht, nach Erlösung und Ewigkeit).

Neben den Ritzzeichnungen begeistern die 6 neuen Fenster, die nach Entwürfen des renommierten Glaskünstlers Jochem Poensgen aus Soest (hergestellt in der Glaswerkstatt Schneemelcher / Quedlinburg) im Jahr 2016 eingesetzt worden sind. Eines davon zeigt den Christophorus, der gleichsam an der Kirche vorbeischreitet (großes barockes Chorfenster an der Nordwand) – neben einer kaum noch zu erkennenden Übermalung der Kreuzigungs-Putz-Ritz-Zeichnung mit diesem Heiligen und der durch die Empore „zerschnittenen“ Putz-Ritz-Darstellung des Patrons der Reisenden und Gott-Suchenden, der nun dadurch gleich dreimal in unserer Kirche gegenwärtig ist und ihr auch als neuer Namenspatron dient. (Projekt Namensgebung: siehe auch hier)
(www.jochempoensgen.de/ - www.schneemelcher.de/)

Die Orgel des Dessauer Orgelbaumeisters Andreas Ludwig Zuberbier aus dem Jahr 1781 (1 Manual / 8 Register) ist die älteste Orgel unseres Pfarrbereiches (die „jüngere Schwester“ aus der Werkstatt desselben Orgelbauers findet man in Krina – Baujahr 1795).

In der Predella des Kanzelaltars aus dem Jahr 1725 ist ein kleines Abendmahlsbild aus der 1.Hälfte des 17.Jhd. angebracht. Weiterhin bemerkenswerte Ausstattungsstücke aus gotischer Zeit sind die Sakramentsnische in der Ostwand, der zentral im Altarraum stehende Taufstein und drei an der Südwand angebrachte Schnitzfiguren, die einst im Schnitzaltar ihren Platz hatten (Bischof / Maria mit dem Kind / hlg. Margarete). Hinzu kommt aus der Barockzeit ein Taufschalenträger.

Der historische Glockenstuhl aus Eiche ist eine Besonderheit, steht er doch auf mächtigen Schwellen auf dem Erdboden innerhalb des Turmes und erhebt sich von dort aus gerade aufstrebend über insgesamt 3 Ebenen bis nach oben, wo ehemals 3 Glocken ihren Platz hatten. Heute hängen noch zwei bronzene Glocken im Turm, von denen eine durch Beschluss des Gemeindekirchenrates seit dem 04.04.2019 schweigt. Sie ist ein Ersatzguss für die Glocke von 1721, die im Jahr 1917 für Kriegszwecke abgegeben wurde. 1934 kam die neue Glocke nach Gossa und trägt folgende Inschrift: Für Deutschland geopfert 1917. Für Deutschland erstanden 1934. Daneben findet sich auf der einen Seite ein eisernes Kreuz und auf der anderen Seite ein Hakenkreuz. Damit ist sie eine von insgesamt 8 Glocken in unserer Landeskirche, die eine nationalsozialistische Symbolik tragen. Diese Glocke wird für immer schweigen und vermutlich in der mittleren Ebene des Glockenstuhls abgestellt werden (mit einer erklärenden Hinweistafel). Das umlaufende Bibelwort im oberen Teil der Glocke wird dann stumm mahnen, denn dort heißt es: „O Land, Land, Land, höre des Herrn Wort.“ Möge es fortan so sein! Es ist geplant, für diese Glocke (2021?) eine neue Glocke gießen zu lassen, die als „Versöhnungsglocke“ ihren Dienst tun soll. Zudem wollen wir auch die dritte Glocke neu gießen lassen, um das historische Geläut wieder zu komplettieren. Die alte erhalten gebliebene Glocke stammt aus dem ersten Viertel des 14. Jhd. und hat als Verzierung die Kreuzigungsgruppe (Christus am Kreuz, Maria und Johannes trauernd darunter).

Pfr. Albrecht Henning

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