14.12.2021
Weihnachtsbrief aus dem Lugala-Hospital in Tansania

Das Lugala-Hospital und der Kirchenkreis Wittenberg sind seit vielen Jahren eng miteinander verbunden. Neben anderen lebte und arbeitete der heutige Leiter des Gesundheitsamtes des Landkreises Wittenberg, Michael Hable, für einige Jahre im Lugala-Hospital. Zuletzt war eine Delegation des Hospitals 2019 in Wittenberg. Uns erreichte der Weihnachtsbrief.

Lugala - ein Ort, für den ein geringer Einsatz viel bewirken kann
Ärzte, Pflegepersonal und Hebammen des Lugala-Hospitals in Tansania bemühen sich um die medizinische Grundversorgung von mehr als 160 000 Menschen. Das ländliche Hospital liegt 300 km von der nächsten Teerstrasse entfernt an der äusseren Peripherie des ostafrikanischen Staates in der weiten Ebene eines grossen Flusses, des Kilombero.
Über drei Monate des Jahres ist Lugala durch Überschwemmungen von der Aussenwelt abgeschlossen, in jüngster Vergangenheit ist eine von Jahr zu Jahr zunehmende und in diesem Jahr schier unerträgliche Hitzeperiode hinzugekommen.
Der Malinyi Distrikt, in dem Lugala liegt, ist geprägt von extremer Armut. Die Bevölkerung des Distrikts besteht ganz überwiegend aus Kleinstbauern, die kaum so viel anbauen können, dass sie ihre Familien davon ernähren könnten, geschweige denn dazu in der Lage wären nennenswerte Ernteerträge auf dem lokalen Markt anzubieten. Das durchschnittliche Jahres-pro-Kopf-Einkommen liegt bei unter 300 €.
Die Bevölkerungspyramide ist charakteristisch für sehr arme Gegenden: 48 % der Bevölkerung sind unter 16 Lebensjahren. Ein ebensolcher Prozentsatz hat eine geringe Körpergrösse, welches als kennzeichnend für chronische Mangelernährung angesehen wird. 60 % der Bevölkerung sind kaum in der Lage zu lesen oder können ihren Namen nur mit Mühe schreiben.
Zum Erfolg des Lugala Hospitals tragen seit über 30 Jahren auch engagierte Mitglieder der evangelischen Kirchengemeinden in ihrer Region durch Unterstützung von Baumassnahmen, durch den Kauf von medizintechnischem Gerät, von Medikamenten und Verbandsmaterial und durch Gewährung von Stipendien für die Ausbildung einheimischen medizinischen Personals bei.
Im Kilomberotal wird viel geboren, viel gelitten und viel gestorben. Insbesondere die Mütter-, die Neugeborenen- und die Kindersterblichkeit sind hoch. Ein Drittel der Mütter ist blutarm, was vor allem dann eine ärztliche Herausforderung darstellt, wenn es zur Geburt kommt.
Bei den Kindern herrschen seit jeher Infektionskrankheiten vor, die meisten Kinder sterben an Brech-Durchfällen, an akuten Atemwegserkrankungen und an Malaria. Auch die Kinder sind blutarm und häufig von Parasiten befallen.
Bei den Erwachsenen ist die häufigste Infektionskrankheit die Tuberkulose, in jüngster Zeit sind aber mehr und mehr nicht übertragbare Krankheiten wie die Zuckerkrankheit, Herzkrankheiten und Krebserkrankungen hinzugekommen, auf die das schwache Gesundheitssystem bis jetzt nicht hinreichend vorbereitet ist.
Die Menschen im Kilomberotal erkranken nicht, weil sie in tropischem Klima leben - sie werden krank, weil sie arm sind. Und weil sie arm sind und schicksalsgläubig und zunächst einmal hoffen, dass eine Sache von selbst wieder gut werden wird, kommen sie sehr häufig zu viel zu spät zum Hospital. Deshalb werden in Lugala auch in erster Linie Armutskrankheiten und nicht Tropenkrankheiten behandelt.
Es geht dabei darum die vorherrschenden Krankheiten mit sehr knappen personellen und materiellen Mitteln erfolgreich zu behandeln und den Menschen in ihrer ohnehin schwierigen Lebenssituation zu helfen. So wird in Lugala beispielsweise bei frühgeborenen Kindern, die einem hohen Sterblichkeitsrisiko ausgesetzt sind, statt auf Brutkästen zurückzugreifen, die Känguru-Mutter-Kind-Methode praktiziert. Dabei wird ein Kind mit niedrigem Geburtsgewicht mit einem der traditionellen afrikanischen Tücher umschlungen an der Brust der Mutter getragen. Durch den Haut-zu-Haut-Kontakt wird die Körpertemperatur der Mutter auf ihr Kind überführt, so dass es ideal warmgehalten wird. Darüber hinaus wird durch die gleichförmigen Atembewegungen der Mutter auch die häufig noch unreife Atmung des Kindes angeregt. Normalgewichtige und am Termin geborene Kinder, die in den ersten Lebenswochen krank werden, können durch einfache Geräte, die ihnen beispielsweise vorübergehend Atemluft- oder Sauerstoff zuführen, überleben.
Die Neugeborenenstation versucht das Lugala Hospital auf dem erreichten Niveau zu halten. Wenn Sie bereit wären dazu beizutragen, so ist Ihre Spende sehr willkommen.
Die Menschen aus Lugala sagen ein herzliches Dankeschön und wünschen Ihnen allen ein gesegnetes Weihnachtsfest.

Peter Hellmold, Arzt in Lugala