10.06.2022
Herausforderung Einsamkeit

Wie begegnen Kirche und Gesellschaft der Einsamkeit von Menschen? Dieser Frage stellten sich ca. 60 geladene Gäste beim Pfingstempfang der Kirchen der Stadt Wittenberg. Vertreter aus Kommune und verschiedenen gesellschaftlichen Einrichtungen sowie aus verschiedenen christlichen Gemeinden Wittenbergs nutzten die Einladung in die Schlosskirche, um einander zu begegnen und das gemeinschaftliche Engagement für die Menschen der Stadt zu stärken.

Schon die Andacht zu Beginn, gestaltet von Pfarrer Michael Poschlod, Jugendpastor Frank Koine, Schlosskirchenkantor Thomas Herzer und Schwester Elisabeth Häfner, griff die Frage auf mit Gedanken aus dem biblischen Buch Kohelet (Prediger): „Eine dreifache Schnur reißt nicht leicht entzwei.“ Was ist der Nutzen von Gemeinschaft? Lasten teilen, Trost erfahren, Gefahren abwehren: das gelingt in Gemeinschaft, z. B. in Vereinen, Trauerkaffees, der Freiwilligen Feuerwehr, Parteien und Gemeinden – bei allen und durch alle, die für die Gemeinschaft leben.

Der Vortrag von Dr. Sebastian Kranich (Direktor der Ev. Akademie Thüringen) zeigte vielfältige Bereiche von Einsamkeit, aber auch von gelingendem Engagement dagegen auf. Deutlich wurde: Alleinsein ist nicht gleichzusetzen mit Einsamkeit. Und anders als einer gefühlten Einsamkeit kann und muss die Gesellschaft der objektiv vorhandenen Einsamkeit begegnen. Persönliche Stärke kann trotz einer Übermacht an Gegenwind das Gefühl des Alleinseins verhindern, während ein geschwächtes Selbst sogar in einer Menge von Freunden einsam sein lässt. Differenziert betrachtet wird seit der Coronakrise die Rolle der Sozialen Medien. Das Vorurteil, dass diese die Einsamkeit von Menschen fördern, wurde zumindest relativiert – waren sie während der harten Lockdowns doch die einzige Möglichkeit, Kontakte wirklich zu pflegen. Als gelungene Beispiele für eine Arbeit gegen die objektive Einsamkeit führte Kranich z. B. die denkMal-Oase in Wittenberg, das Treff- und Wohncafé in Magdeburg oder das Kölner FriedhofsMobil an. Auch um der gefühlten Einsamkeit, der psychischen Seite dieser Not, zu begegnen, gibt es viele Hilfen, etwa die Telefonseelsorge und das Kummertelefon oder das Silbernetz. Viele Ideen und Maßnahmen, aber auch Fragen und Herausforderungen werden gebündelt und treffen aufeinander etwa im Kompetenznetz Einsamkeit.

Zum Umgang mit der Einsamkeit gehört bei allen Aktivitäten und Initiativen auch das Bewusstsein, dass sie Teil des Lebens ist – von Zeit zu Zeit, bei besonderen Ereignissen, etwa bei Trennungen von Partnern oder beim Tod nahestehender Menschen. Eigenwahrnehmung und Verantwortung und die gesellschaftliche Akzeptanz und Rücksichtnahme sind unabdingbar, um der Einsamkeit hilfreich etwas entgegenzusetzen.

Im Anschluss an Andacht und Vortrag nutzen die Gäste die Zeit auf dem Schlosshof, um miteinander ins Gespräch zu kommen und die Beziehungen der verschiedenen gesellschaftlichen Akteure in der Stadt zu fördern. Auch das ein Schritt gegen das Gefühl von Vereinsamung – und an diesem Abend wohlgelungen.


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